unterGRUND 

performance johanna bank     :::  verschoben auf  den 22.01.2023 14-16:00 uhr 

performance XelK   :::   22.01.2023 11-16:00 uhr 

ausstellungsaduer :: 15.12.2022 -  22.01.2023

öffnungszeiten :: montag, dienstag, samstag und sonntag von 18:00 -  21:00 uhr

finissage: sonntag, 22.01.2023 von 11-16:00 uhr 

 unterGRUND keller club _ hinterzimmertreffen _ darknet-chat _ wilde baugrube _ nährboden für ideen - neue strömungen - heimlicher anstoss - zwielichtiger hintergrund - unbeobachteter impuls - punk verfestigt sich zum fundament - intellektueller unterbau - widerstandsnest bietet aktions- oder rückzugsraum ob auf leinwand, holz, papier oder im virtuellen raum _ eltern haften für ihre künstler

 

teilnehmende künstler:innen 

andré kunz, andreas klinger, anja matzke, eva schmeckenbecher, johanna bank, luisa frühling, noah frese + lukas frese, sam gora, simone fezer, steffen gehrdau, XelK  

 

 weiteres auf https://www.facebook.com/xponart sowie auf instagram xponartgallery

 

 

Bei uns geht es in den Keller. Das ging es bei uns zwar schon immer, aber bemerkenswert ist doch, das wir mitunter dazu auffordern müssen, immer begleitet von den Worten "da unten ist noch viel mehr.."
Wir wissen nie, was kommt, wenn wir ein Themenfeld eröffnen. Mitunter sind wir überrascht, welcher Bereich bei den Künstler*innen auf besonders reges Interesse stösst und in welche Richtung eine Ausstellung sich entwickelt. Aber so ist das mit den Untergründen - immer da, aber nicht immer präsent. Wir laden zur Begegnung mit elf Positionen ein, die sich dem stellen und gesehen werden wollen.

Eröffnen wir den Reigen mit André Kunz, der uns zu seinen Ölgemälden schreibt: „Im unterGRUND eröffnen sich Räume. Im unterGRUND wird Licht zur Malerei, Bewegung zum Duktus und Zeit zur Schrift. Im unterGRUND entzünden sich Ideen.“

Und im Untergrund entsteht neues - Bewegungen, Trends, Meinungen, Wiederstände und Leben beginnen im Untergrund ihre Wurzeln zu schlagen. An der Oberfläche angekommen, beginnt hingegen schon der Prozess des Verfalls. Was man kennt, was man tut, irgendwann verliert das Neue den Reiz und man gewöhnt sich an die Dinge. Andreas Klinger ist mittels der analogen Fotografie und einen scharfen Messer in den Untergrund dieser eingetaucht. Technisch geht er mit unterschiedlichen Ausschnitten durch verschiedene Lagen eines Bildes in den Untergrund des Bildes, praktisch entsteht ein neuer Blick.

Diesen vermittelt auch Anja Matzke. Gewalt gegen Frauen ist ein monströses Tabu Thema in Deutschland. Im Jahr 2018 gab es 324 Mordversuche an Frauen, ausgeführt von Partnern oder Expartnern. 122 Morde rsp. Femizide sind ausgeführt worden. Die Dunkelziffer liegt höher.
Die Arbeit "Ich werde gebraucht. B-Ware" besteht aus 122 Putzlappen, mit Frauennamen bestickt, und als B- Ware präsentiert auf einem Kaufhaus Grabbeltisch liegend.

Die vierminütige Videoarbeit "191115, 2021" von Eva Schmeckenbecher geht ebenfalls unter die Haut. Hinter einer gemusterten Fläche aus transluzenten Fotohäuten bewegen sich Schemen. Sie bilden Ornamente und Verbindungen mit den abgebildeten Mustern. Eine flüsternde Stimme spricht einen Text, der sich auf einen Traum bezieht.

Um Träume und Abgründe geht es auch in der Arbeit "Erotischer Befund" von Johanna Bank, die das Thema Sexarbeit aus dem Untergrund ans Tageslicht holt und Einblicke in die daraus entstandene Subkultur von Freierforen gibt. Die Besucher*innen können sich hineinsetzen und am eigenen Leib die Härte und Perversion, aber auch die eigenwillige Ästhetik dieser Bewertungskultur zu spüren bekommen.

Wir zeigen zudem das Video der Performance "Stay" von 2016, in der die Künstlerin neben einem menschengroßen Eisklotz lag und ihn umarmte, wie man eine geliebte Person umarmen würde. Je weiter der Schmelzprozess voranschritt, desto mehr kühlte ihr Körper aus. Sie brach die Performance nach ca. 4 Stunden ab.

Die Bildreihe "La femme forte" attakiert auf zwei Ebenen die Ordnung des Partiarchats: Mit der historischen Erzählung „Der Raub der Sabinerinnen“ und einer emotionalen Modernen. Das Motiv der Statue von Giambologna verweist auf einen Zustand, der von Noah Frese und Lukas Frese kommentiert und gestürmt wird. Sie holen sich ihre Stimme aus der Streetart und zitieren ihr Bombardement der weißen Wänden der Straße. Es soll durch Diversität, neue Machtverhältnisse und Gewaltfreiheit zerstört werden.

Luisa Frühlings Malerei gehorcht den Gesetzen des Hedonismus. Sie malt was sie will und wie sie es will. Dabei erhebt sie die eigene Lust zum höchsten Prinzip - Sexualität und Sinnlichkeit sind der Kompass ihres Schaffens. Sie lässt sich nicht beirren von vermeintlichen Schönheitskonventionen zeitgenössischer Kunst, liebt Opulenz und Fülle und bannt mit ihrem Pinsel große Gefühle auf noch größere Leinwände. Das Konzept von Zeit weicht einem perfekten Moment anhaltender Sinnlichkeit, in dem alles auf einmal zu existieren scheint. Jeder Mensch, der sich schon einmal gefragt hat, ob seine Lust zu viel sei, könnte in Luisa Frühlings Malerei Erlösung finden.

Die 4-Kanal-Videoinstallation "You go, Girl!" von Sam Gora zeigt vier dunkle Monitore. Während die Musik sukzessive an Dramatik zunimmt, schalten sich nacheinander die Bildschirme ein. Auf ihnen, viele auf dem Boden ausgebreitete Eier. Eine Frau versucht Fuß zu fassen. Vorsichtig tastend setzt sie ihn auf. Eier beginnen zu platzen. Während am Anfang die Schritte straff sind, variieren später die Schrittformen, ein bisschen wie im Ballett. Nachdem sie einmal durch die Reihe der Bildschirme gegangen ist, schalten sie nacheinander ab. Die Musik hallt nach. Wer weiß, wohin sie geht. -gekürzt und übersetzt aus einem Text von Heidi Salaverría-

Simone Fezer beschäftigt sich gerne mit dem dahinter liegenden, dem Kulissenbau, der Konstruktion hinter dem schönen Schein. Sowohl in Kunst als auch im restlichen Leben ist es oft faszinierend, den Aufwand zu betrachten, der betrieben wird um etwas erscheinen zu lassen oder am laufen zu halten; den Untergrund zu beobachten, auf den gebaut und die glänzende Fassade gemalt wird. Eine vielem zu Grunde liegenden Tatsache ist die Vergänglichkeit menschlichen Fleisches und somit Daseins. Trotzdem hängt die bedrohliche Wolke dieser beständig zerfallenden Entität über vielem und wir versuchen zu flicken, zu verdecken und alles schön gefasst erscheinen zu lassen...."Hat auch was", zeigt die Künstlerin mit ihrer Arbeit "clouding".

Steffen Gehrdaus Arbeit "Die Architektur des Menschheitsgeschichtlichen Teufelskreises" befasst sich mit Phänomenen der Architektur und dem rituellen Raum. Er geht dabei den Systemen von Kulturen nach, die Architekturen zugrunde liegen und ihnen ihren Charakter verleihen. Beruht dieser nicht immer sichtbare, aber spürbare Unterbau auf Elementen wie Glaube, Ritualen, Gesten und Sprache, die stets auch einen körperlichen Bezug haben, so beherbergen rituelle Räume eine Vielfalt an Strukturen von Kulturen und der Werte, auf denen sie aufgebaut sind.

In seiner Untersuchung dieser rituellen Räume geht Gehrdau den mitschwingenden Einflüssen von Kulturen auf den Grund, indem er Aspekte realer Kulturen aufgreift, neue Bezüge ausformuliert, entfremdet und durch bewusst gestaltete Illusionen ergänzt. Dabei strebt er ein Zusammenwirken unterschiedlicher künstlerischer Medien an: Dem Thema wird in der bildnerischen Auseinandersetzung zeichnerisch und malerisch begegnet, mit einem besonderer Fokus auf die farblichen Gestaltung und die Symbolik, und installativ. Die Form von Altargebilden verweist auf die kulturelle Beschaffenheit und den rituellen Nährboden. Die Arbeit ist dem Raum individuell angepasst und auch bei uns wieder auf eine neue Art und Weise arrangiert.

"Babel21" ist eine Installation des Hamburger kinky Künstler:innen-Ensembles XelK: Der Aufbau mit Hörspiel fragt nach den Sprachen der menschlichen sexuellen Sehnsucht und versucht dieser Vielstimmigkeit Gehör zu verschaffen. Der ausgestellte Mensch gelangt zu einer eigenen sexuellen Stimme und wird vom eingefrorenen Objekt zum sinnlich-agierenden Subjekt.

Sie basiert auf der Hör-Performance "Babel2021": Im Rahmen der Ausstellung „Sex und Vorurteil“ der Völkerkundesammlung Lübeck wurde im Museumsquartier St. Annen eine Installation aus in große Folien eingeschweißten Performer*innen für die Zuschauer*innen begehbar, die sich mit Hilfe von Kopfhörern an die ausgestellten Menschen „anschließen“ konnten. Inspiriert von Jorge Luis Borges’ Kurzgeschichte „Die Bibliothek von Babel“ sind in dieser Bibliothek „aller möglichen Menschen“ individuelle Geschichten zu hören, zu ihren Bedürfnissen, Sehnsüchten, Verlangen und Findung der eigenen sexuellen und gesellschaftlichen Identität. Die Zuschauer*innen kamen den Performer*innen dabei ungewohnt nahe, blieben jedoch aufgrund der Folie trotz allem unüberbrückbar voneinander getrennt.